Wir sind dann doch noch in den Urlaub gefahren. Nachdem es den Patienten zum Wochenbeginn erheblich besser ging, lasen wir am Dienstagmorgen kurzentschlossen die halb ausgepackten Sachen wieder zusammen, stopften alles ins Auto und fuhren los. Auch wenn der gesunde Menschenverstand die Frage stellte: „Lohnt sich das eigentlich noch? — Acht bis neun Stunden Hin- wie Rückfahrt auf der Autobahn bei verbleibenden vier Tagen? Aber wir alle hatten das Gefühl, dass es sein musste und, um es kurz zu fassen, es hat sich gelohnt.
Abgesehen vom guten Essen bei den Verwandten (davon einmal fünf Forellen, die unser Großer gleich am ersten Tag geangelt hatte) und der durch die warmen Oktobertage wunderbar weichgezeichneten Landschaft im Land der Staufer war sogar noch eine Schatzsuche für uns drin, und zwar im Steinbruch Kromer bei Holzmaden. Dabei war dies gar nicht geplant, keiner von uns hatte zweckmäßige Kleidung, geschweige denn Werkzeug dabei. Den Tipp erhielten wir im Museum Hauff in Holzmaden, wo wir zunächst die ausgestellten, kunstvoll präparierten Fossilien bewunderten. Die Kinder waren hier zwar nicht so begeistert, aber dadurch dass die ortstypische Schichtung des Schiefergesteins originalgetreu nachgebaut war, erhielt man einen anschaulichen Eindruck von den geologischen Gegebenheiten.
Der Hit war dann aber doch der Steinbruch. Werkzeug (Hammer und Meißel) konnte geliehen werden und so stapften wir durch die Schieferhalden und klopften, was das Zeug hielt. Sogar der Ehegatte, der mich nur noch an Sandstrände begleitet, weil ihn die ewige Steinsucherei nervt, war mit Feuereifer bei der Sache, weil eine Platte schönere Fossilien als die nächste enthielt. Sehr hilfsbereit waren auch die Arbeiter im Steinbruch, von denen wir den Tipp erhielten, die Platten mit Tiefengrund zu imprägnieren, um die Fossilien und vor allem die Pyritschicht zu konservieren. Nachdem wir unsere Schätze mehr schlecht als recht im Auto verstaut hatten — zum Glück hatten wir eine alte Decke dabei, in die wir die empfindlichen Platten einwickeln können.
In den nächsten Urlaub nehme ich auf jeden Fall mein eigenes Werkzeug mit. Denn ich muss zugeben, dass wir einige sehr schöne Stücke kaputtgeschlagen haben, einfach weil der Hammer zu lose bzw. der Meißel zu stumpf war. Wenn man dann die schönen Stücke nachbearbeitet, kommt ein großer Respekt vor den Präparatoren auf, denn es ist unheimlich viel Geduld und Fingerspitzengefühl notwendig, will man nicht mit einem zu lässig angesetzten Schlag alles zerstören.
Die oben abgebildeten Platten lagen beim Fotografieren auf meinem Esszimmertisch, wo wir sie zuvor imprägniert hatten. Dadurch verliert der Schiefer zwar seine natürliche graue Farbe und wird fast schwarz, allerdings kann man nicht alles haben. Voraussichtlich stammen die Ammoniten (Asteroceras? Harpoceras?) aus dem Unteren Jura. Ganz sicher bin ich mir aber nicht, weil der Abraum wild durcheinander lag und man nicht erkennen konnte, aus welcher Schicht genau die Platten stammten. Und zugegebenermaßen habe ich nicht genügend Erfahrung, um genaue Bestimmungen anhand von plattgedrückten Exemplaren und einer limitierten Auswahl von Bestimmungsbüchern zu machen.